Beobachtungsergebnisse mit Phänologie-Kameras
An insgesamt 8 Stationen werden mittels einer stationären Kamera täglich Fotos eines konstanten Kronenausschnitts der Oberkrone eines Probebaumes mit einer integrierten Weitwinkelansicht der Fläche aufgenommen und per GSM übertragen. Diese Bilder sind die detaillierteste Basis für die phänologische Beobachtung des Zeitverhaltens der Blattentwicklung an den Dauerbeobachtungsflächen. Sie werden ergänzt um leider nur wöchentlich mögliche Beobachtungen der phänologischen Entwicklung durch die örtlichen Betreuer der Versuchsflächen.
Von wesentlichem Interesse sind dabei der Termin des Austriebs der Blätter im Frühjahr und die Dauer der Blattentwicklung bis zur vollen Blattgröße, d.h. dem Maximum der Blattflächenentwicklung.
Im Herbst wird der Abbau der Blattfläche erkennbar an der Blattverfärbung und dem Blattfall. Die Zeitspanne von Blattaustrieb bis zum Blattfall ist als Vegetationszeit von großer Bedeutung für alle Kalkulationen der Primärproduktion und des Wasserhaushaltes des Waldes.
Die Waldbäume reagieren mit ihren zeitlichen Reaktionen auf die energetischen Reize von Strahlung und (Luft-)Temperatur. In vielen Untersuchungen hat sich die Klimaerwärmung gerade in einer deutlichen durchschnittlichen Verfrühung des Austriebstermins der Blätter gezeigt. Eine Reihe von Modellen sind zur Abhängigkeit phänologischer Phaseneintritte von Witterungsfaktoren entwickelt worden.
Wir vergleichen hier die in den Bildern seit 2008 festgestellten Termine mit einem an diese Ergebnisse baumartenspezifisch angepassten Austiebsmodell von Menzel (1997), das neben den Wärmesummen im Frühjahr auch die Kältetage der Winterruhe berücksichtigt.
Durch die Kamerabeobachtungen konnten wir den mittleren Fehler des Modells von ca. 4-8 Tagen auf 3-4 Tage reduzieren.
Abb. 1: Vergleich der Austriebstermine der Kamerabäume an den Level II Flächen (5 Kiefern, 2 T-Eichen, 1 Buche)
mit den Austriebsterminen nach einem angepassten Modell von Menzel auf Basis von (Luft-)Temperatursummen
Die Ergebnisse der Bildauswertung sind in einer Tabelle zusammengefasst.
Der nach dem Modell erwartete Austriebstermin wird jeweils mit angegeben.
Zeitreihen-Betrachtung der auf Basis der Lufttemperatur modellierten Austriebstermine
Der Vergleich ermöglicht eine Retrospektive der Austriebstermine für die Zeitreihe der vorliegenden Tagesmitteltemperaturen an den Beobachtungsflächen seit 1951.
Die Abbildungen 2-4 zeigen die Entwicklung der Austriebstermine der Hauptbaumarten Kiefer, Buche und Eiche nach dem auf die Flächen angepassten Modell von Menzel für alle Waldklimastationen.
Abb. 2: Austriebstermine der Kiefer sowie eine geglättete Zeitreihe des Mittelwertes der 8 Stationen (schwarz T4253H-Glätten) nach dem angepassten Modell von Menzel für Temperaturdaten der Waldklimastationen für die Jahre 1952 - 2016.
Die braune Linie zeigt das zurückgreifende gleitende 30jährige Mittel des mittleren modellierten Austriebstermins an den Waldklimastationen
Es zeigt sich in der Zeitreihe 1951-2016 nach den Modelldaten für die Kiefer bis Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zunächst eine Phase zu früheren Austriebsterminen.
Bis 1975 schwenkt die Tendenz zu späteren Austriebsterminen um und erreicht das Niveau von Mitte der 50er Jahre mit dem Tag 145.
Seither verfrüht sich der Austriebstermin bis Mitte der 80er Jahre zunächst stark um fast 10 Tage und anschließend bei großen Amplituden nur noch geringfügig.
Momentan ist wieder eine Tendenz zu späterem Austrieb erkennbar. Im 30jährigen Mittel sinkt der Mittelwert für die 8 Waldklimastationen Brandenburgs und Berlins von Tag 141,5 (19951-1980) auf aktuell 139,1 (1987-2016).
Damit ist die Verfrühung des Blattaustriebs der Kiefer in Brandenburg / Berlin auf weniger als 3 Tage gesunken und kein klarer Trend mehr erkennbar.
Abb. 3: Austriebstermine der Buche sowie eine geglättete Zeitreihe des Mittelwertes der 8 Stationen (schwarz T4253H-Glätten) nach dem angepassten Modell von Menzel für Temperaturdaten der Waldklimastationen für die Jahre 1952 - 2016.
Die braune Linie zeigt das zurückgreifende gleitende 30jährige Mittel des mittleren modellierten Austriebstermins an den Waldklimastationen.
Abb. 4: Austriebstermine der Trauben-Eiche sowie eine geglättete Zeitreihe des Mittelwertes der 8 Stationen (schwarz T4253H-Glätten) nach dem angepassten Modell von Menzel für Temperaturdaten der Waldklimastationen für die Jahre 1952 - 2016.
Die rotbraune Linie zeigt das zurückgreifende gleitende 30jährige Mittel des mittleren modellierten Austriebstermins an den Waldklimastationen.
Für Buche und Eiche ergibt sich ein etwas anderes Bild. Beide Baumarten treiben zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt als die Kiefer aus. Hier zeigt sich in den Jahren 1989 und 1990 eine deutliche Zäsur der Zeitreihe.
Während bis dahin die Termine nach dem Modell um den Tag 116 (Buche) bzw. 123 (Eiche) schwanken, beginnt danach die Blattentwicklung bei der Buche ca. 7 und der Traubeneiche fast 10 Tage früher als vor 1990.
Seither ist keine deutliche Tendenz zu einer weiteren Veränderung erkennbar. Das neue, in einem Schritt erreichte Niveau bleibt bisher erhalten.
Das 30jährige Mittel des Austriebstermins der Buchen im Mittel aller 8 Waldklimastationen nach dem Modell ist von Tag 116 auf aktuell Tag 112 um 4 Tage verfrüht.
Bei Eiche um 5 Tage von 123 auf jetzt 118. Für die letzten 20 Jahre ist nach den Temperaturdaten keine weitere Veränderung der phänologischen Daten erfolgt.
Austriebsmodell nach Menzel:
zeigen
Modifiziertes Austriebsmodell nach Menzel1 für Level II Flächen
in Brandenburg und Berlin
-
Anzahl der Kältetage unter einem Grenzwert der Tagesmitteltemperatur ab
- 1.11. (Tag 305)
- Kiefer < 5°C,
- Buche < 9 °C,
- Eiche < 10 °C
kumulative Summe der Kältetage (Chill-Days, CD) für Tage vom 1.11. des Vorjahres bis 30.06. des laufenden Jahres (Tag 181) für alle Tage.
-
kritische Wärmesumme zur Blattentfaltung ab 1.02. (Tag 32) in Abhängigkeit von der Zahl der Kältetage (CD)
- a + b * ln(CD)
- Kiefer: 1339,605 – 222,707 * ln(CD)
- Buche: 1708,4645 – 312,068 * ln(CD)
- Traubeneiche: 1740,8994 - 282,1093 * ln(CD)
-
Tageswärmesummen über einem Grenzwert ab 1. Februar
- Grenzwerte:
- Kiefer > 7,
- Buche > 5,
- Traubeneiche > 2
- wenn Tageswärmesumme erstmals größer als die kritische Wärmesumme, dann erfolgt der Blattaustrieb (Jahrestag)
Kiefer
- Kältetage < 5°C
- Wärmesumme > 7
- Korrektur: -11 Tage
- gilt für Austrieb 90%
- Standardfehler des Schätzers 3 Tage
- r2(korr.) = 0,74
Buche
- Kältetage < 9°C
- Wärmesumme > 5
- Korrektur: -3 Tage
- gilt für Austrieb 50%
- Standardfehler des Schätzers 3 Tage
- r2(korr.) = 0,77
Traubeneiche
- Kältetage < 10°C
- Wärmesumme > 2
- Korrektur: -4 Tage
- gilt für Austrieb 50%
- Standardfehler des Schätzers 4 Tage
- r2(korr.) = 0,53
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1 MENZEL A (1997)
Phänologie von Waldbäumen unter sich ändernden Klimabedingungen -
Auswertung der Beobachtungen in den Internationalen Phänologischen Gärten und Möglichkeiten der Modellierung von Phänodaten.
Forstliche Forschungsberichte München 164: 147 S.